Wer etwas ändern will, braucht ein Problem!

Hier finden Sie drei kleine Auszüge aus dem Buch
Wer etwas ändern will, braucht ein Problem.

Das Leben als spannende Geschichte
Stellen Sie sich vor, Sie sitzen mit Freunden zusammen, die Sie lange nicht gesehen haben und erzählen sich die Ereignisse der letzten Jahre. Ein Freund erzählt von seinem glatt verlaufenen Leben, und nach 5 Minuten fangen alle zu gähnen an. Ein anderer jedoch zieht die Zuschauer in den Bann einer packenden Geschichte, indem er von seinen Zielen, den unvermittelt auftauchenden Schwierigkeiten, den herben Fehlschlägen und der komplizierten Bewältigung dieser Situationen erzählt.
Das ist es, was das Leben spannend und lebenswert macht: dass der Erfolg sich darin allein über die Bewältigung des Scheiterns ergibt. Es klingt paradox, aber das Scheitern ist Vorraussetzung jeder Entwicklung und Veränderung.
Deshalb gilt: wer etwas ändern will, braucht ein Problem.
Diese These wird im Buch ausführlich dargelegt und auf die drei wesentlichen Lebensbereiche angewendet: den individuellen, den partnerschaftlichen und den gesellschaftlichen Bereich.

Das Buch fordert übrigens nicht, wie in einigen Rezensionen behauptet, dazu auf, die „Krise als Chance“ zu sehen. Das ist viel zu wenig. Das bedeutet doch nur „Wenn du schon Mist gebaut hast, dann mach wenigstens das Beste draus“. Im Scheitern die Voraussetzung für Weiterentwicklung zu sehen hat viel weitreichendere Konsequenzen. Es bedeutet, dass buchstäblich niemand von Problemen und Krisen verschont bleibt. Es bedeutet, dass jeder die „Chance des Bewältigen-Müssens“ erhält. Und darüber hinaus, dass diese Notwendigkeit kein Zwang oder Übel darstellt, sondern das Leben erst lebendig und lebenwert macht.

Vorwort
Dieses Buch will das große Thema Veränderung begreifbar zu machen, und zwar in drei der wichtigsten Lebensbereichen: dem individuellen, dem partnerschaftlichen und dem gesellschaftlichen Bereich.
Veränderungsphasen sind untrennbar mit Problemen und Krisen verbunden. Mittlerweile wird das Wort von der „Krise als Chance“ allgemein akzeptiert. Das ist gut so, aber es reicht bei weitem nicht aus, um die herrschenden Vorurteile gegenüber den damit verbundenen Schwierigkeiten aufzuheben. Denn im Grunde bedeutet die „Krise als Chance“ lediglich: „Wenn Sie Ihre Krise schon nicht verhindern konnten, dann machen Sie wenigstens das Beste daraus – und passen Sie das nächste Mal besser auf.“
Ich werde in meiner Einschätzung der Bedeutung von Problemen und Krisen wesentlich weiter gehen. Ich werde die Krise nicht bloß als unvermeidbares Übel darstellen, sondern als notwendige Voraussetzung jeder Veränderung, werde also den Segen der Krise beschreiben.
Überspitzt formuliert lauten zentrale Thesen dieses Buches:
– Wollen Sie etwas verändern? Dann brauchen Sie ein Problem!
– Wollen Sie etwas Grundlegendes verändern? Dann brauchen Sie eine Krise!
– Wollen Sie in Leben vorankommen? Dann sind Sie auf das Scheitern angewiesen!
Auch der Begriff des Scheiterns erfreut sich nicht der großen Wertschätzung, die ihm zusteht, im Gegenteil: Das Scheitern wird als vermeidbares Versagen und nicht als unabdingbare Bedingung des Erfolges angesehen.
Dabei bringt gerade das Scheitern den Erfolg!
Das Scheitern ist erforderlich, weil erst im Versuch seiner Bewältigung jene Entwicklung einsetzt, die wir schließlich als gelungene und erfolgreiche Veränderung bezeichnen.
Ich hoffe, dass es mir gelingt, diese möglicherweise paradox wirkenden Aussagen nachvollziehbar darzustellen und ich bin zuversichtlich, dass die LeserInnen dieses Buches nach dessen Lektüre den Problemen und Krisen und dem Scheitern in ihrem Leben die Anerkennung zukommen lassen, die diese Lehrmeister verdienen.

Der Mann ohne Krisen
Ein Mann, der sein Leben scheinbar im Griff hat, landet (Gott sei Dank) dennoch in einer Lebenskrise.
Vor mit sitzt ein 55-jähriger Mann, der den Ablauf seines bisherigen Lebens bis ins Detail zu schildern vermag.
Bisher sei alles ganz nach Plan verlaufen, er könne auf ein reibungsloses Leben zurück blicken. Phase Eins seines Erwachsenendaseins habe er der beruflichen Entwicklung gewidmet. Dabei sei er so gut vorangekommen, dass er sich mittlerweile zur Ruhe setzen könne. Phase Zwei war dem Aufbau einer Familie gewidmet, was ebenfalls erwartungsgemäß verlaufen sei. Inzwischen machten sich die erwachsenen Kinder daran, das Haus zu verlassen und er bereite sich auf Phase Drei vor. Diese bestünde in der Planung seiner Restlebenszeit.
Der Begriff „Restlebenszeit“ und vor allem die Betonung, in der er dieses Wort ausspricht, erinnern mich an einen Verwaltungsvorgang. Was er von seinem „Restleben“ denn erwarte, wollte ich erfahren? Seine Antwort lautet zusammengefasst: Alles scheine perfekt zu sein, aber auch leblos. Ein Tag sähe wie der andere aus. Die kommenden Ereignisse seien vorhersehbar. Nichts würde ihn überraschen, nichts wirklich freuen. Der Alltag quäle ihn, und das lasse ihm keine Ruhe.
„Dann lassen Sie uns jetzt ausreichend Überraschendes und Lebendiges und Freudiges für Ihre Restlebenszeit planen“ schlage ich ihm vor und will wissen, was er beispielsweise am 17. September 20xx spontan erleben wolle.
Der Mann sieht mich etwas verdutzt an, dann huscht ein Lächeln über sein Gesicht, das von einer Phase stiller Traurigkeit abgelöst wird, gefolgt von einem längeren Schweigen, das einige Erklärungen hervorbringt.
Er müsse zugeben, sagt der Mann, er wisse nicht weiter. Diese eigenartige Leere, die er jetzt in diesem Augenblick und seit geraumer Zeit verstärkt wahrnehme, habe er stets zu vermeiden gesucht. Seine Lebensplanung habe darauf beruht, vorher zu wissen, wie es weitergehen soll. Mit Ungewissheit könne er nicht umgehen. In den letzten Jahren verfolge ihn daher der Gedanke, sein Leben sei gescheitert. Er frage sich sogar, ob er jemals richtig gelebt habe. Dann fügt er entschlossen hinzu, so ginge es auf jeden Fall nicht weiter. Auf meine Frage, ob er sich in einer Krise befinde, in einer Sinnkrise, antwortet er zögerlich. Ja, so könne man das nennen – wenn man unbedingt wolle.
Nun ist der Mann, der ein reibungsloses Leben plante, in seinem 56. Lebensjahr in eine Krise geraten. Er spricht sogar davon, sein Leben wäre gescheitert. Statt als lebendig und anregend empfindet er sein Leben als leblos und freudlos. Er weiß nicht weiter und ist mit seinem Latein am Ende, was er als Krise erlebt.
Was nun? Soll man den Mann dafür bedauern, in eine Krise geraten zu sein? Keinesfalls, ganz im Gegenteil: man sollte ihn dazu beglückwünschen! Gott sei Dank ist er an diesem Punkt mit seinen Plänen und Planungen gescheitert. Sonst wäre er mit seiner „Restlebenszeit“ in gewohnter Manier verfahren und hätte die gesuchte Lebendigkeit gekonnt und perfekt verplant!
Jetzt erst, auf dem Hintergrund der Erkenntnis, „Phase Drei“ seines Lebens eben nicht planen zu können, hält er inne und besinnt sich.
Was motiviert ihn zu diesem Innehalten? Weder Vorausschau noch bewusste Lebensplanung, weder Absicht noch Weitsicht, sondern schlicht und einfach der Fakt, dass es so nicht weitergeht. Dass er mit seinem alten Latein am Ende ist. Dass ihm der Sinn allen Planens abhanden gekommen ist. Dass seine bisherigen Konzepte nicht mehr funktionieren. Einzig aus diesen Gründen sucht er nach etwas Neuem.
Das Gefühl der Leere, die Resignation, das Nicht-Weiter-Wissen, sein Scheitern – kurzum all das, was er als Krise empfindet – ist wichtig. Es weist ihn darauf hin, dass ihm das Leben enteilt ist, und es motiviert ihn, dem Leben zu folgen.